News

ADOC- Interview zum Dynamischen Fahrsimulator am ThIMo

Am Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) der TU Ilmenau wurde kürzlich ein dynamischer Fahrsimulator vor Publikum aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eingeweiht - Investitionskosten 420.000 EUR. Mit dem Simulator soll das Zusammenspiel hochautomatisierter und konventioneller Fahrzeuge untersucht werden. Der virtuelle Fahrsimulator ist in Echtzeit mit einer Vielzahl an Simulationssystemen und Prüfständen gekoppelt, die sich zum Teil Kilometer weit entfernt von seinem Standort befinden. Das sind bisher der Vier-Rollen-Leistungsprüfstand, die Virtuelle Straße oder das Prüfzentrum für Fahrwerks- und Bremsentechnik.

Professor Klaus Augsburg ist Projektleiter des Thüringer Innovationszentrums Mobilität (ThIMo) und Leiter des Fachgebiets Kraftfahrzeugtechnik an der TU Ilmenau. Im Gespräch mit dem ACOD erläutert der Forscher wie sich der neue, kürzlich in Betrieb genommene, Fahrsimulator in die bisherigen Aktivitäten des Innovationszentrums einbindet und welche Bedeutung dieser für die künftige Entwicklung des autonomen Fahrens in komplexem Verkehr hat.

 

Herr Prof. Augsburg, wie bindet sich der neue Fahrsimulator in die bisherigen Aktivitäten von ThIMo ein?

Untersuchungen an diversen Mensch-Maschine-Schnittstellen im Auto haben an der TU Ilmenau / im ThIMo eine lange Tradition. So wurde über viele Jahre untersucht, wie eine solche Schnittstelle, z.B. an Pedalen aus physiologischer bzw. ergonomischer Sicht charakterisiert werden kann. Solche Fragen führen folgerichtig zur technologischen Realisierung personalisierter Schnittstellen im Auto. Der neue Fahrsimulator verfügt daher über stufenlos und extrem schnell verstellbare Charakteristika an den Pedalen und am Lenkrad, um diesbezügliche Probandenstudien im größeren Stil bearbeiten zu können. Auch die Limits solcher Personalisierung unter den Bedingungen des teilautomatisierten Fahrbetriebs sind ein Untersuchungsgegenstand. Zudem sollen daraus natürlich auch Verhaltensmodelle des Menschen extrahiert werden, die ihrerseits für die automatisierte Fahrzeugführung interessant sind.

 

Sehen Sie auch für Zulieferunternehmen einen Vorteil in dem Fahrsimulator oder ist die Zielgruppe für Industriekooperationen in diesem Fall primär der OEM?

Der Fahrsimulator ist zunächst für die Realisierung von Grundlagenforschungen konzipiert. Die entsprechenden Ergebnisse lassen sich aber danach sowohl für die Entwicklung von Gesamtfahrzeugen, als auch die ihrer Subsysteme einsetzen. Diese Ansichtsweise entspricht auch den konkreten Förderbedingungen.

 

Das Besondere an dem Fahrsimulator ist die virtuelle Verknüpfung, die Sie auch mit verschiedenen Prüfständen geschaffen haben. Das erinnert ein wenig an Telemedizin. Welche Chancen sehen Sie bei diesem neuen Ansatz für die Zukunft?

Tatsächlich ist ein maßgeblicher Ansatz des Prüfstandkonzepts seine Einbindung (als Slave) in ein ganzes Netz von experimentellen Plattformen für Fahrzeuge und/oder ihre Subsysteme, deren Kopplung mit einem echtzeitfähigen Fahrzeugmodell (Master) bidirektional erfolgt. Die Modellparameter von Testabläufen werden in Echtzeit als Steuersignale an Prüfstände übergeben und kommen von dort in Form von Messwerten zurück. Mit dieser Vorgehensweise können Modelle in kürzester Zeit validiert und Entwicklungsabläufe dezentral durchgeführt werden. Das spart in Größenordnungen Entwicklungszeit und ggf. auch Investitionsmittel. Interdisziplinäre Entwicklungen lassen sich also parallel bearbeiten, was sich zudem positiv auf die Entwicklungspartnerschaften auswirkt. Die damit realisierbare Verknüpfung der virtuellen mit der realen Welt ist nach meiner Ansicht ein Ansatz mit extrem hohem Zukunftspotential. Der Unterschied zur Telemedizin dürfte darin bestehen, dass wir die Daten von Tests unverzüglich erhalten, während das Ergebnis einer medizinischen Diagnose, nämlich die Therapie normalerweise etwas längere Zeit benötigt.